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Umbau in nur 5 Monaten

Ist es möglich eine kompletten Bühne in nur 5 Monaten umzubauen?
Seien wir mal ehrlich: Welches Theater, Oper, Schauspielhaus etc., das schon mehrere Jahrzehnte besteht, möchte nicht gerne die gesamte Bühnentechnik modernisieren? Nicht immer läuft es nach Plan und nicht immer hat man dafür mehrere Jahre Zeit. Manchmal muss ein Umbau auch sehr schnell erledigt sein. Welche Kriterien muss man dafür beachten? Auf was kommt es an?
Lesezeit: 7 min 46 sec
Nehmen wir hierzu ein hypothetisches Beispiel, das durchaus realistisch ist:
Der Theaterdirektor Herr M. steht vor einer Herausforderung: Er weiß, dass sein Haus in die Jahre gekommen ist und dringend eine Sanierung der Bühnenmaschinerie benötigt – alleine schon, um die sicherheitstechnischen Vorschriften einzuhalten. Nun steht allerdings bereits in eineinhalb Jahren die 100-jährige Jubiläumsfeier an, wo alles erledigt sein muss. Bis dahin gibt es aber einen vollen Spielplan, der nur durch die Sommerpause unterbrochen wird. Wie soll das gehen?
Die Bühnenmaschinerie könnte ja schnell getauscht sein, allerdings gibt es im Vorfeld sehr viel zu beachten und zu organisieren. Es fängt bei der Beauftragung eines Planers an, der die Anlage planen und die Ausschreibung vorbereiten muss, eingehende Angebote müssen geprüft werden und zu guter Letzt muss sich Herr M. noch für eine ausführende Firma entscheiden. Er fragt sich natürlich zu Recht: „Die gesamte Projektlaufzeit von Auftragserteilung bis zur Fertigstellung beträgt gerade mal 12 Monate, wobei die Installationszeit sogar noch unter 10 Monaten liegt. Ist das alles in dieser kurzen Zeit überhaupt realisierbar? “
Als führender Anbieter von Bühnentechnik, wissen wir als Waagner-Biro Stage Systems: Damit das möglich ist, sind einige Dinge unabdingbar:
Ausgezeichnetes und dynamisches Projektmanagement
Zum ersten Mal in der Geschichte von Waagner-Biro Stage Systems wurde 2014 ein Kurzläuferprojekt in Norwegen realisiert – Grieghallen in Bergen. Das berühmte Filharmoniske Orkester feierte am 16. Oktober 2014 ihr 250-jähriges Jubiläum und plante ein großes Konzert an diesem Tag. Davor sollte aber noch die gesamte Bühnentechnik mit mehr als 50 Antrieben in der Obermaschinerie sowie 4 Plattformen modernisiert werden. Der Auftrag wurde allerdings erst im Mai 2014 an uns vergeben. Die Projektlaufzeit: 6 Monate.
Um dieses extrem kurze Projekt bestmöglich durchführen zu können, entschieden wir uns, einen Projektleiter direkt vor Ort einzusetzen. Dieser stimmte sich während der kurzen Planungs- und Konstruktionsphase direkt mit dem Kunden ab und koordinierte anschließend die Demontage- und Montagearbeiten. Unser Projektleiter fungierte aber nicht nur als Schnittstelle zum Kunden, sondern auch zwischen den Abteilungen im Haus, wie Konstruktion, Einkauf und Logistik. Durch die kurzen Kommunikationswege zwischen uns und dem Kunden ergab sich eine sehr konstruktive und professionelle Zusammenarbeit, welche das Projekt zu einem Erfolg werden ließ.


beide Fotos: Grieghallen
Bestandsaufnahme und individuelle Umsetzung
Die Vorbereitung eines Projektes ist entscheidend, um dieses bestmöglich umsetzen zu können. Bevor ein Renovierungsprojekt im Haus in die effektive Planung geht, machen sich Mitarbeiter aus der Konstruktion und dem Projektmanagement ein Bild vor Ort, um eine detaillierte Bestandsaufnahme zu machen. Erst dann ist es möglich, auf die unterschiedlichen Gegebenheiten und Besonderheiten eines Projektes einzugehen.
Im Oktober 2019 erhielt Waagner-Biro Stage Systems überraschend mehrere Einladungen zur Teilnahme an neuen Ausschreibungsverfahren. Drei Veranstaltungsorte in Stockholm (Königliche Oper, Königliches Dramatisches Theater, Kulturhuset Stadsteatern) sahen sich aufgrund des Konkurses des zuvor beauftragten Unternehmens mit nahezu identischen Problemen bei der geplanten Renovierung der Bühnenmaschinerie konfrontiert. Die Firma hinterließ die Baustellen in unfertigem bzw. komplett demontiertem Zustand. Das jeweilige Datum zur Wiedereröffnung der einzelnen Häuser stand allerdings fest und konnte nicht mehr verschoben werden.
Um den engen Zeitplan einhalten zu können, begann sofort die Bestandsaufnahme vor Ort, um den aktuellen Stand bei allen drei Projekte einschätzen zu können. Mit dem Start der COVID-19 Pandemie 2020 war es unmöglich, eigenes Personal nach Schweden zu schicken. Somit war es naheliegend, mit lokalen Montagefirmen zusammenzuarbeiten. Zum Teil konnten wir auf langjährige Partnerschaften zurückgreifen, mit denen wir bereits Projekte erfolgreich umsetzen konnten. Aber wir konnten auch mit neuen Partnerfirmen eine Zusammenarbeit starten, die sich über unser internationales Netzwerk durch Weiterempfehlungen ergab.
Die Koordination aller drei Baustellen erfolgte über einen gemeinsamen Projektleiter, der sich bereits bei der Auftragsübergabe einen Überblick über die Projekte machte. Da die Baustellen in unterschiedlichem Zustand hinterlassen wurden, ergaben sich auch unterschiedliche Projektlaufzeiten. Die Zeit von der Auftragsvergabe bis zur Abnahme betrug für das Kulturhuset, wo wir die gesamte Technik lieferten, nur 10 Monate; für die komplette Integration des Steuerungssystems in der Königlichen Oper nur 7 Monate.



Foto links: Königliche Oper / Foto mitte: Dramaten / Foto rechts: Kulturhuset Stadsteatern
Offenheit und Ehrlichkeit sind das „Um und Auf“
Kunden*innen haben besondere Bedürfnisse und Wünsche. Nicht immer kann man zu 100 % darauf eingehen, aber man sollte immer ein konstruktiver Gesprächspartner bleiben und versuchen, gemeinsam die bestmögliche Lösung auszuarbeiten und auch umzusetzen.
Im Volkstheater in Wien wurde im Jahr 2020 die gesamte Bühnenmaschinerie komplett von uns saniert. Das Besondere daran ist, dass bereits vor über 40 Jahren die Bühnenmaschinerie ebenfalls von uns erneuert wurde. Das Volkstheater war ursprünglich nicht als Kurzläufer geplant, aber durch die COVID-19 Pandemie verzögerte sich alles. So kam es, dass die Baustelle erst im Mai 2020 betreten werden konnte. Der Übergabetermin im Oktober 2020 stand jedoch und so musste die Baustelle in nur 6 Monaten abgeschlossen sein.
Ein großer Vorteil bei diesem Projekt war, dass unser Projektleiter bereits bei der Renovierung in den 1980er Jahren vom ersten Tag an dabei war und im Jahr 2020 den neuerlichen Umbau leitete. So kannte er das gesamte Haus, was ihm dann in den Gesprächen mit der örtlichen Bauaufsicht und den Planern zugutekam.
Es zeigte sich auch hier, dass ein enger Kontakt mit dem Kunden essenziell war, vor allem, weil der Terminplan sehr eng war. Es gab wöchentliche Abstimmungsmeetings mit der Bauleitung über den Baufortschritt und Probleme wurde offen angesprochen, denn kein Projekt läuft reibungslos ab und man muss lösungsorientiert und ehrlich bleiben. Diese Offenheit und Ehrlichkeit wurden auch vom Kunden sehr geschätzt.
Ein Service, der noch weiter hinausgeht, ist, dass der Kontakt nach dem Projekt nicht einfach endet. Werden nach der Projektlaufzeit regelmäßige Nutzer-Jour Fixe vereinbart, haben beide Seiten die Möglichkeit, die Nutzung der Bühnentechnik zu verbessern. Kund*innen bekommen schnelle Lösungen und Hilfestellungen und WB kann direkt aus dem Arbeitsleben zum Beispiel die Steuerung weiterentwickeln. Durch den Kundenaustausch entwickelt sich die Bühnentechnik ständig weiter.


beide Fotos: Volkstheater Wien
„Pläne sind nichts, Planung ist alles.“ ~ Dwight D. Eisenhower
Das Projekt mit der kürzesten Installationszeit in der Unternehmensgeschichte von Waagner-Biro Stage Systems war das Esplanade - Theatres on the Bay in Singapur. Hier waren insgesamt nur 5 Monate Zeit, um mehr als 100 Antriebe in der Obermaschinerie zu modernisieren.
Um ein derartiges Projekt in dieser Zeit schaffen zu können, muss die Vorarbeit zu Hause bereits perfekt erledigt werden. Es gab zwei Vor-Ort Besichtigungen, um alles eventuelle Unvorhergesehene ausschließen zu können. Der gesamte Montageablauf inklusive Verfügbarkeit des Materials und Personal musste gut geplant und eingetaktet werden.
Natürlich kann es dennoch vorkommen, dass Unvorhergesehenes eintritt. In einer solchen Situation muss man sofort reagieren, um gegenzusteuern. In diesem Projekt kam es, dass nach der Hälfte der Montagezeit im letzten Container, der geliefert wurde, die Winden teilweise rostig waren, da sie falsch verpackt wurden. Durch die gute Organisation der Mitarbeiter vor Ort und der Logistik, konnten die defekten Teile bereits am Folgetag neu bestellt werden und somit zeitnah geliefert werden.
Normalerweise gibt es im Montageplan verschiedene Phasen, die nacheinander abgearbeitet werden: Demontage, Montage, Elektroverkabelung und Inbetriebnahme. Um Zeit zu sparen, liefen hier die Phasen parallel, wo es möglich war. Ein erfahrener Baustellenmitarbeiter war die gesamte Zeit der Installationsphase vor Ort und wurde zum Teil von weiteren Kollegen aus Wien unterstützt. Diese waren als Supervisoren auf der Baustelle, um die Zusammenarbeit mit der lokalen Montagefirma bestmöglich zu koordinieren.


beide Fotos: Esplanade - Theaters on the Bay
Fazit:
Ein Projekt läuft selten nach Plan - fast immer treten unvorhergesehene Schwierigkeiten auf, die im Vorfeld nicht planbar waren, seien es Vergabe- oder Projektverzögerungen oder Zugangsschwierigkeiten auf der Baustelle.
Wichtig ist hier aber, so weit wie möglich flexibel zu bleiben und immer das bestmögliche Ergebnis für den Kunden im Auge zu behalten. Treten Schwierigkeiten, egal welcher Art auf, muss man offen und ehrlich dem Kunden gegenübertreten und gemeinsam eine vertretbare Lösung finden.
Und erledigt man bereits zu Beginn eines Projektes seine Hausaufgaben, wie gute Planung, Bestandsaufnahme der Baustelle oder das Aufsetzen eines Projektmanagements, kann man vielem Unvorhergesehen in Ruhe gegenübertreten und sich auf die Lösung konzentrieren. Dies wird auch nicht immer gleich gut gelingen, deswegen arbeiten auch wir stets daran, unseren Kunden zu ermöglichen, ihre Visionen auf die Bühne zu bringen.
“Man weiß immer, was man bekommt und das Projektmanagement ist sehr vorhersehbar und einfach zu bewältigen.”
Fredrik Österholm, Directeur Technique, Théâtre Dramatique Royal
“Für mich steht Waagner-Biro Stage System für eine Art Sicherheit”
Dina Östergren, directrice technique du Théâtre de la ville de Stockholm
„Die Zusammenarbeit mit Waagner-Biro Stage Systems habe ich eigentlich immer – von Anfang an – als sehr konstruktiv erlebt.“
Joachim Scholz, Directeur Technique, Théâtre de Bâle
“Die lassen dich nicht im Stich”
Stefan Möller, chef électricien de scène au Théâtre de Bâle
3x Stockholm bei Waagner-Biro Stage Systems

Ines Schwabl
Autor

Angelika Albert-Knaus
Autor
31.7.2024
Waagner Biro Stage Systems